Angesichts geopolitischer Spannungen, variabler Tarifpolitiken und globaler Handelsstörungen bleibt der europäische Transportsektor im Modus ‘Warten und Risikobewertung’. Der Bericht von PwC “Transport & Logistics Barometer” zeigt, dass von Januar bis Juni 2025 im europäischen Markt 33 Transaktionen mit einem Volumen von insgesamt 17,2 Milliarden Dollar angekündigt wurden, was einem Durchschnitt von 522 Millionen Dollar pro Transaktion entspricht.
Zum Vergleich: weltweit wurden nur 93 Transaktionen angekündigt – deutlich weniger als im vorherigen Halbjahr (108). Allerdings gibt es einen klaren Anstieg des Transaktionsvolumens auf 57,9 Milliarden Dollar, hauptsächlich aufgrund von elf sogenannten Megadeals mit Volumina von über 1 Milliarde Dollar, die zusammen für 62% des Gesamt-M&A-Volumens im TSL-Sektor verantwortlich sind.
Der durchschnittliche Transaktionswert stieg auf 623,1 Millionen Dollar, das höchste Ergebnis in fünf Halbjahren. Finanzinvestoren spielten eine Schlüsselrolle und machten 74% des Wertes aller Transaktionen aus, während strategische Investoren bei 61% der angekündigten Übernahmen beteiligt waren, jedoch mit geringerer Kapitalbeteiligung.
In der Branche erzeugte das Schiffssegment den höchsten Wert (26,6 Milliarden Dollar) über 18 Transaktionen, getrieben unter anderem durch die geplante Übernahme eines 90% Anteils an der Panama Ports Authority durch ein Konsortium von BlackRock, Global Infrastructure Partners und MSC Group (19,21 Milliarden Dollar). Auf Platz zwei in Bezug auf die Anzahl der Transaktionen kam das Segment Logistik und Straßentransport (42 Transaktionen, 13,2 Milliarden Dollar) und an dritter Stelle die Hafeninfrastruktur (21,6 Milliarden Dollar auf 5 Transaktionen).
Geografisch wurden die höchsten Transaktionswerte in Nordamerika (33,6 Milliarden Dollar) verzeichnet, während in Bezug auf die Anzahl der Transaktionen Asien und Ozeanien führten (42 Transaktionen, 13,3 Milliarden Dollar).
Lokales Kapital dominiert, Ausländisches auf dem Rückzug
Die meisten angekündigten Transaktionen in Europa sind lokale Investitionen – 21 von 33 Fällen betrafen Situationen, in denen sowohl Käufer als auch Verkäufer im selben Land tätig waren. Ausländische Investoren waren weniger aktiv: 9 Inbound-Transaktionen (ausländischer Investor kauft europäische Vermögenswerte) wurden verzeichnet und nur 3 Outbound (europäischer Investor kauft im Ausland).
Diese Verhältnisse zeigen, dass Investoren bei hoher Marktunsicherheit lieber in gut bekannten heimischen Märkten investieren und Risiken bei internationalen Expansionen vermeiden.
Infrastruktur und Logistik im Fokus
Der Transaktionswert in Europa wurde weitgehend durch Infrastrukturprojekte angetrieben. Zu den wichtigsten zählt PwC die Übernahme der Brussels Airport Company durch ein staatliches Unternehmen aus Flandern für 3,21 Milliarden Dollar,
oder der Kauf der restlichen 50% der Anteile an ITC Rubis Terminal Antwerpen durch Japans Mitsui & Co Ltd, wodurch dessen Position in der europäischen Kraftstoff- und Chemielogistik gestärkt wird.
Gleichzeitig wurde eine hohe Aktivität im Logistik- und Straßentransport Sektor festgestellt – hier fanden die meisten kleineren, aber strategischen Übernahmen im Zusammenhang mit Lager- und E-Commerce-Dienstleistungen statt.
Der Bericht von PwC zeigt einen klaren Trend: Finanzinvestoren machen 74% des Wertes aller Transaktionen im TSL-Sektor aus, während strategische Investoren, wie Logistikbetreiber oder Frachtführer, ihre Bewegungen einschränken. Dies bedeutet, dass in Zeiten erhöhter Unsicherheit spekulatives Kapital und Infrastrukturfonds risikobereiter sind als operativ tätige Branchenakteure.
Die Gründe sind offensichtlich: Instabilität in Handelspolitiken (insbesondere US-China-Spannungen), Bedenken hinsichtlich Energie- und Treibstoffkosten, Druck zur Dekarbonisierung und sich ändernde Umweltvorschriften. Infolgedessen übernehmen Infrastrukturfonds, Private-Equity- und institutionelle Investoren mehr Risiken, indem sie Vermögenswerte im Transport- und Logistiksektor als langfristige, stabile Renditeinvestitionen betrachten.
Globale Spannungen hinterlassen ihre Spuren
Obwohl sich der Bericht von PwC auf globale Trends konzentriert, werden deren Auswirkungen auch in Europa spürbar. Einschränkungen der Schifffahrt durch das Rote Meer, Spannungen um den Panamakanal oder Änderungen der Routen zwischen Asien und den USA schlagen sich in operativen Kosten für europäische Frachtführer und in Vermögensbewertungen nieder. Der Anstieg der Risiken in der Lieferkette bedeutet, dass Investoren Stabilität bei Infrastrukturvermögenswerten suchen – Häfen, Flughäfen und Terminals.
PwC prognostiziert, dass im zweiten Halbjahr 2025 die Transaktionsaktivität in Europa auf einem moderaten Niveau bleiben wird, mit einem Übergewicht an großen Infrastrukturdeals und einer begrenzten Anzahl kleinerer Erwerbungen im Straßentransport. Für Logistikbetreiber bedeutet das einen zunehmenden Wettbewerb um attraktive Vermögenswerte und die Notwendigkeit, sich auf größeren Kostendruck und regulatorische Anforderungen vorzubereiten.