Auf Initiative des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) setzen sich 56 Verbände und Organisationen aus Industrie, Handel, Logistik, Bau-, Land- und Holzwirtschaft, Recycling und Kommunen gemeinsam für die Stärkung und Förderung von Gleisanschlüssen im deutschen Schienennetz ein, heißt es in den Pressemeldungen des VDV sowie des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME).
Demnach wurde die nach 2019 erstmals aktualisierte Gleisanschluss-Charta am 31. Januar 2024 auf dem 17. BME-/VDV-Forum Schienengüterverkehr an Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr und Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr von VDV-Vizepräsident Joachim Berends überreicht:
Seit der Erstauflage 2019 wurden bereits viele Vorschläge der Charta umgesetzt oder befinden sich in Umsetzung. Doch wir sind noch längst nicht am Ziel und es sind weitere Themenfelder hinzugekommen. 56 Unterzeichnerorganisationen unterbreiten Maßnahmenvorschläge, damit wir mit mehr und modernen Gleisanschlüssen den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken – und das Klima schützen.“
Fehlende Gleisanschlüsse vor Ort wirken sich den Verbänden zufolge negativ auf Schienengüterverkehrsangebote aus: Wagenladungsverkehre beispielsweise bauen auf kundennahe Zugangsstellen auf. Damit auch diese Systeme einen Beitrag zum Verkehrswachstum auf der Schiene leisten können, bedarf es einer deutlichen Stärkung ihrer Zugangsstellen. Dafür setzt sich das Bündnis ein.
Nur mit möglichst vielen Zugangspunkten für den Schienengüterverkehr werden wir unser Ziel erreichen, Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern und den Anteil des Schienengüterverkehrs bis 2030 auf 25 Prozent zu erhöhen. Daher fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr private Investitionen in Neubau, Ausbau, Reaktivierung und Ersatz von Gleisanschlüssen, um Güterverkehre auf umwelt- und klimafreundliche Schiene zu verlagern und bestehende Güterverkehre auf Schiene zu halten”, so Staatssekretär Theurer bei der Übergabe der Gleisanschluss-Charta 2024.
Die Gleisanschluss-Charta ziele darauf ab, den Schienengüterverkehr durch bessere Rahmenbedingungen für Gleisanschlüsse und kundennahe Zugangsstellen zu stärken. Sie soll die verkehrspolitische Diskussion auch auf die Anbindung von Zugangsstellen an das öffentliche Eisenbahnnetz lenken und konkrete Maßnahmenvorschläge für eine bedarfsgerechte Schieneninfrastruktur liefern.
Die Charta verfolgt fünf Hauptziele und schlägt 97 konkrete Maßnahmen vor, um den Schienengüterverkehr zukunftsfähig zu machen und den Marktanteil der Schiene zu erhöhen. Sie befasst sich auch mit der Stärkung tri- bzw. multimodaler Knotenpunkte und Umschlagterminals, um effiziente Transportsysteme zu ermöglichen.
Dr. Helena Melnikov, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME):
Wir unterstützen die zentralen Forderungen der Charta nach Kräften. Es geht jetzt vor allem darum, Bürokratie abzubauen und Regularien zu vereinfachen. Gleichzeitig müssen die Gleisanschlussförderung verbessert, mehr Gewerbeflächen an die Schiene angebunden und neue Transportkonzepte unter Einbindung von Gleisanschlüssen geschaffen werden.“
Ziele und Handlungsfelder Charta im Überblick
„Für die Verkehrsverlagerung und zur Entlastung des regionalen/kommunalen Raums vom Straßengüterverkehr sollen ausreichend Gleisanschlüsse, kundennahe Zugangsstellen, öffentliche Ladestellen, Umschlagterminals, trimodale/multimodale Knoten und vorgelagerte Infrastrukturen für leistungsfähige und wirtschaftlich darstellbare Transportsysteme auf der Schiene (Kombinierter Verkehr und Wagenladungsverkehr) zur Verfügung stehen.” Das geht aus der Meldung des VDV hervor und um diese Ziele erreichen zu können, definiert die Charta zentrale Handlungsfelder und unterbreitet konkrete Vorschläge zur Umsetzung an Politik, Wirtschaft und Logistik, die den Masterplan Schienengüterverkehr ergänzen bzw. konkretisieren.
- Ziel 1: Personen unterstützen, die Entscheidungen treffen und umsetzen: Die Charta beginnt bewusst mit den Menschen, die entscheiden und umsetzen. Ohne sie kann und wird es keine Verkehrsverlagerung auf die Schiene geben können.
- Ziel 2: Die Wirtschaft bedarfsgerecht mit Zugangsstellen und vorgelagerter Infrastruktur ausstatten: Die Charta schlägt eine bedarfsgerechte Infrastrukturausstattung der Regionen entlang und abseits der europäischen Güterverkehrskorridore vor. Da die konkrete Nachfrage in den Regionen entsteht, sollten die Regionen bei Planung und Finanzierung notwendiger Maßnahmen eine deutlich stärkere Rolle einnehmen können als bisher. Darüber hinaus sind multimodale Knoten wie z. B. See- und Binnenhäfen, Güterverkehrszentren, Industrieparks und große Gewerbe-/Industriegebiete als zentrale Bündelungspunkte der Schiene zu stärken.
- Ziel 3: Rahmenbedingungen für Zugangsstellen verbessern: Die Charta setzt sich für bessere Rahmenbedingungen, Bürokratieabbau und administrative Vereinfachungen für Betreiber von Zugangsstellen ein. Damit kann die Investitionsbereitschaft erhöht werden.
- Ziel 4: Transportlösungen über Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen anbieten: Die Wirtschaft benötigt attraktive Schienenangebote, die im Wettbewerb zur Straße konkurrenzfähig sind. Hier sind natürlich die Dienstleister gefordert. Der Staat kann zusätzlich Anreize für Verlader, Speditionen und Eisenbahnen schaffen.
- Ziel 5: Moderne und innovative Technik einsetzen: Der Einsatz von Zukunftstechnologien kann auch die erste/letzte Meile über Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen attraktiver machen. Als spurgeführtes System eignet sich die Schiene besonders für Digitalisierung und Automatisierung.
Die Langfassung der Charta steht beim VDV zum Download bereit.
Der DSLV unterstützt die Gleisanschluss-Charta 2024
Die gemeinschaftliche Erarbeitung der Gleisanschluss-Charta vor fünf Jahren war ein starkes Signal der Wirtschaft für eine Verlagerung von Gütern auf die Schiene. Erste Erfolge sind auch sichtbar, doch es kann noch mehr Potenzial gehoben werden”, sagt Tino Bauer, Vorsitzender des Fachausschusses Schienengüterverkehr im Bundesverbande Spedition und Logistik (DSLV).
Mit der Aktualisierung der Charta sollen Wege für mehr Anreize für Logistikentscheider zur Befrachtung des Systems Schiene aufgezeigt werden. Aus Sicht des DSLV sind u. a. folgende Komponenten der umfassenden Charta wichtig.:
- die Stärkung multimodaler logistischer Knoten in der Verkehrspolitik und Regionalplanung,
- die Ausweitung der Finanzierungsförderung für Gleisanschlüsse durch den Bund,
- ein spürbarer Bürokratieabbau sowie
- eine Anreizstärkung für Speditionen und Industrievorlader beispielsweise durch eine direkte Anschubfinanzierungen für Neuverkehre.
Voraussetzung für den Erfolg sämtlicher Maßnahmen ist eine grundsätzlich wettbewerbsfähige Qualität des Schienengüterverkehrs und dass der Spedition als bedeutender Kundengruppe auch ausreichende Netzkapazitäten angeboten werden”, so Bauer.
Lesen Sie auch:
Intermodaler Schienengüterverkehr: Mehr Züge zwischen Deutschland und Italien
Preissteigerung auf der Schiene: Verdoppelung der Trassenpreise droht ab Dezember