Belgien: Lotsenstreik blockiert Schiffsverkehr auf der Schelde
In den Häfen Antwerpen, Zeebrugge und Gent stehen seit Sonntag (5. Oktober) zahlreiche Schiffe still. Grund ist ein Streik der Hafenlotsen, die gegen die geplante Rentenreform der Föderalregierung protestieren. Laut belgischen Medien warteten Mitte der Woche bereits rund 80 Hochsee- und Küstenschiffe auf Ein- oder Ausfahrt.
Die Gewerkschaft ACOD hatte zuvor errechnet, dass junge Lotsen nach der Reform bis zu 45 Prozent weniger Rente erhalten könnten als ältere Kollegen. Der Lotsenverband BvL kritisiert zudem, dass Sondervergütungen, die bislang für die Rentenberechnung berücksichtigt wurden, abgeschafft werden sollen.
Flanderns Mobilitätsministerin Annick De Ridder appellierte an die Lotsen, den Streik zu beenden und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Sie sagte am Dienstag:
„Wir hatten mit der Berufsvereinigung der Lotsen (BvL) eine Abmachung getroffen, dass wir um den 30. November herum ein prinzipielles Abkommen […] treffen wollen.“
Bislang warten die Lotsen jedoch auf eine offizielle Reaktion der Regierung. Wann der Arbeitskampf endet, ist offen. Laut Hafenbehörde Antwerpen-Brügge wird versucht, die Schiffsbewegungen zu priorisieren, um Engpässe im Containerverkehr zu begrenzen.
Rotterdam: Lascher legen Containerterminals lahm
Auch im Rotterdamer Hafen, Europas größtem Seehafen, stehen die Terminals still. Seit Mittwochnachmittag (8. Oktober) befinden sich die Lascher, die für das Sichern und Lösen von Containern zuständig sind, im 48-stündigen Streik.
Hintergrund ist ein Tarifkonflikt über Löhne und Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaft FNV Havens fordert eine Lohnerhöhung von sieben Prozent zusätzlich zum automatischen Preisausgleich (APC). Arbeitgeber hätten zuletzt vier bis sechs Prozent geboten. FNV-Vorstandsmitglied Niek Stam erklärte:
„Ohne Lascherei-Unternehmen stünde der gesamte Hafen still.“
Betroffen sind unter anderem die Terminals APM Maasvlakte II, Hutchison Ports Delta II, ECT Delta und Rotterdam World Gateway. Laut Hafenbehörde hat sich die Warteschlange vor den Kaianlagen zeitweise verdoppelt – von sieben auf dreizehn Schiffe.
Die Reederei Maersk bestätigte in einer Kundenmitteilung, dass Schiffe, die vom 8. bis 10. Oktober anlegen, „Verzögerungen oder Unterbrechungen bei Lade- und Löschvorgängen“ verzeichnen. Die Situation werde eng überwacht, Contingency-Pläne seien in Arbeit.
Auch nach Ende der Streikfrist rechnen Experten mit Nachlaufeffekten, da Rückstaus im Hafenbetrieb und Engpässe im Hinterlandverkehr fortbestehen dürften.
Belgien: Luftfracht-Streik am 14. Oktober angekündigt
Während die Seehäfen noch mit Verzögerungen kämpfen, steht Belgien kurz vor dem nächsten Logistik-Stillstand: Laut dem Speditionskonzern DSV wird es am 14. Oktober (6 Uhr) bis 15. Oktober (6 Uhr) zu einem landesweiten Streik kommen, der vor allem die Luftfracht betrifft.
Beteiligt sind sämtliche belgische Gewerkschaften, darunter Mitarbeitende der Bodenabfertigung, Sicherheitsdienste und Zollbehörden. Betroffen sind insbesondere die Flughäfen Brüssel (BRU) und Lüttich (LGG).
In der Mitteilung von DSV heißt es, dass während des Streiks ausgehende Frachtflüge ausfallen und eingehende Sendungen verspätet oder umgeleitet werden könnten. Auch die Zufahrtsstraßen zu den Flughäfen würden „erheblich beeinträchtigt“. Der Flughafen Brüssel bestätigte, dass Mitarbeitende des wichtigsten Sicherheitsdienstleisters teilnehmen werden, „wodurch ein sicherer Betrieb unmöglich wird“.
Laut Branchenkreisen wird erwartet, dass Expressdienste und E-Commerce-Transporte in Europa kurzfristig umgeroutet werden – unter anderem über Frankfurt, Luxemburg, Paris oder Amsterdam.
Zeitleiste der Arbeitskonflikte
Datum | Ort | Akteure | Grund | Dauer / Status |
---|---|---|---|---|
seit 5. Okt. | Antwerpen / Zeebrugge (BE) | Hafenlotsen | Protest gegen Rentenreform | unbefristet |
8.–10. Okt. | Rotterdam (NL) | Lascher (ILS, Matrans) | Forderung nach +7 % Lohn | 48 Stunden |
14.–15. Okt. | Belgien (national) | Gewerkschaften / Luftfracht | Protest gegen Lohn- & Arbeitsbedingungen | 24 Stunden |
Europaweite Auswirkungen möglich
Während die Hafenbehörden in Antwerpen und Rotterdam noch versuchen, den Rückstau zu kontrollieren, warnt die belgische Wirtschaftskammer bereits vor „sekundären Effekten“ auf die Lieferketten in Deutschland, Frankreich und Osteuropa.
„Es ist zu erwarten, dass sich die Engpässe über die gesamte kommende Woche fortsetzen“, heißt es aus Branchenkreisen. Besonders gefährdet seien zeitgebundene Lieferungen im Automotive-, Chemie- und Lebensmittelbereich.
Wie schnell sich die Lage normalisiert, hängt nun von den Verhandlungen in Rotterdam und Brüssel ab – und davon, ob der belgische Lotsenstreik tatsächlich bis Ende Oktober andauert.