Foto: DB Netz

Kombinierte Verkehre vor neuem Aufschwung?

Wohl nur wenige Logistikunternehmer haben mit kombinierten Verkehren (KV) so viel Erfahrung wie Ferdinand Kloiber. Als der Betriebswirt 1985 das elterliche Unternehmen in Petershausen (Oberbayern) übernahm, baute er dieses zum Full Service-Dienstleister für Container - Transporte aus und gründete zwei Depots.

Lesezeit 5 Min.

Im Terminal München – Riem können auf 50.000 Quadratmetern bis zu 6000 TEU gestapelt werden, im Güterverkehrszentrums (GVZ) Augsburg auf 40.000 Quadratmetern bis zu 4000. Jetzt hat Kloiber den letzteren Standort nochmals um 10.000 Quadratmeter erweitert.

Wenn das neue Terminal Augsburg 2026 eröffnet wird, werden viele Verlader und Dienstleister ihre Container hier aufgeben und nicht mehr auf München und Ulm ausweichen, sagt der Containerlogistiker.

Ansonsten geht Kloiber davon aus, dass im KV – Markt noch viel Wachstumspotential liegt.

Auch in schwierigen Jahren konnte ich fast immer Umsatz und Absatz steigern, sagt der erfahrene Unternehmer.

Auf Wachstum sind auch andere Marktteilnehmer eingestellt. Viele wollen investieren kräftig in die Infrastruktur investieren. Für rund ein Dutzend KV – Terminals plant DB Netz einen Ausbau oder Neubau. In Weil am Rhein will die Konzerntochter die Umschlagkapazitäten von 130.000 auf 200.000 Einheiten erhöhen, in München plant sie sogar einen zweiten Bahnhof zusätzlich zur bereits mehrfach ausgebauten Anlage in Riem, in Regensburg, Landshut und Karlsruhe will sie ebenfalls investieren. Aber auch Häfen wie Straubing – Sand und private Unternehmen ziehen neue Anlagen hoch. Die Begründungen sind fast immer identisch. Trotz der aktuellen Wirtschaftskrise sollen die Güterverkehre bis 2030 jährlich um drei Prozent wachsen. Weil der Straßengüterverkehr diesen Zuwachs allein nicht bewältigen kann und außerdem gesetzliche Klimaschutzziele einzuhalten sind, müssen viele Verkehre dauerhaft auf die Schiene verlagert werden. Jedes Terminal, das neu gebaut oder erweitert wird, reduziert demnach den Treibstoffverbrauch und damit das klimaschädliche Kohlendioxid.


Lesen Sie auch:

Hat die Flaute endlich ein Ende? In diesem Transportsektor tut sich was

Rhenus Gruppe wird Containerterminals in Usbekistan ausbauen


DB Netz nennt konkrete Zahlen: Die neue Anlage in Augsburg kann demnach jährlich bis zu 700.000 Liter Diesel einsparen. Das 85 Millionen Euro teure Terminal, das ab Frühjahr 2024 gebaut wird, ist das aktuell wohl ehrgeizigste Neubauprojekt für den KV. In verkehrsgünstiger Lage nahe einer Autobahn und einer vierspurigen Bundestraße werden zunächst zwei Portalkrane jährlich bis 62.000 Ladeeinheiten von bzw. auf vier Umschlagsgleise umladen. Mit einem weiteren Portalkran, der später installiert werden soll, sind sogar 105.000 Einheiten möglich. Das wären fast fünf Mal mehr als das alte Terminal im Augsburger Osten aufnehmen kann.

Mit ihren Neu- und Ausbauprojekten treten DB Netz & Co. die Flucht nach vorne an. Den Anbietern von kombinierten Verkehren bläst aktuell der Wind ins Gesicht. Für 2023 rechnet der deutsche Marktführer Kombiverkehr mit einem Aufkommensverlust von acht bis neun Prozent. Vom „herausforderndsten Geschäftsjahr“ in den letzten Jahren sprach Geschäftsführer Armin Riedl auf der jüngsten Gesellschafterversammlung im Sommer. Außer der schwierigen Konjunktur machen dem Operateur, der DB Cargo sowie über 220 Speditionen als Gesellschafter hat, höhere Preise und notorische Verspätungen zu schaffen. Erstere sind vor allem auf die steigenden Energiekosten, letztere auf zahlreiche Baustellen und veraltete Schieneninfrastruktur zurückzuführen. Solche Probleme haben auch andere Operateure. Der europäische Branchenverband UIRR, dem über 50 KV – Unternehmen angehören, rechnet mindestens bis Ende 2024 mit einer Durststrecke im bimodalen Verkehrsmarkt.

Jetzt sind über neue Anlagen und bessere Schieneninfrastruktur auch Maßnahmen gefragt, welche die Kosten senken und die Prozesse beschleunigen. Vor allem bei der Digitalisierung gab es bislang viel Nachholbedarf. Jetzt sind mehrere interessante IT-Produkte auf den Markt gekommen. Das Hamburger Startup Modility konzipierte ein Portal für die Buchung und Vermittlung von intermodalen Verkehren aller Art, der Hamburger Operateur Eurogate folgte mit dem Portal RailmyBox, das Neueinsteigern und kleinen Speditionen mit lediglich sporadischen KV-Verkehren den Einstieg in den KV-Markt erleichtert.

Und das Nürnberger Startup Conroo überraschte mit einer Slotmanagement – App, welche Fahrern die Buchung von Zeitfenstern für den Containerumschlag zum gewünschten Termin erlaubt und Fracht- und andere wichtige Daten übermittelt. Der führende Terminalbetreiber DUSS, der vor allem Anlagen von DB Netz managt, will dieses IT-Produkt in allen Containerbahnhöfen einsetzen. Für DUSS-Chef Andreas Schulz sind digitale Geschäftsprozesse neben dem Aus- und Neubau der „größte Hebel“ für die Erhöhung der Terminalproduktivität.

Je kürzer die Durchlaufzeiten der LKW und die Rüstzeiten für Züge sind, desto mehr Umschlag können diese bewältigen, sagt er.

Tags