Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Was hat sich im vergangenen Jahr in der Transport-und Logistikbranche geändert?
Dirk Fellhauer, Marketing Manager bei Raben:Bereits vor der Corona-Krise war der Wandel in der Logistikbranche spürbar. Wir haben sehr stark wahrgenommen, dass Kunden und Verbraucher besorgt über eventuelle Lieferengpässe waren. Als Logistikdienstleister standen wir plötzlich vor nie dagewesenen Herausforderungen, auf die wir schnell Antworten finden mussten. Heute können wir sagen, dass wir die Krise gut gemeistert haben und clevere Lösungen gefunden haben, um die Versorgung sicherzustellen. Wir haben 2021 unser Stückgutnetzwerk weiter ausgebaut sowie die Automatisierung und Digitalisierung fokussiert. Dennoch kommen weitere Herausforderungen wie der Fachkräftemangel, der Fahrermangel und die Zunahme des E-Commerce-Geschäfts auf uns zu.
Ohne was geht es gar nicht mehr?
Um die Lieferketten resilienter zu machen und die Eindämmung des Risikos kosteneffizienter zu gestalten, sind die weitere Digitalisierung, Big Data und künstliche Intelligenz essentiell. Die Transparenz in der Zurverfügungstellung von Liefer- und Sendungsdaten bilden einen wesentlichen Faktor für die Kundenbindung.
Wir stellen in diesem Zusammenhang auch vermehrt fest, dass sich wieder ein Trend zur lokalen Produktion und Lagerhaltungsstrategien entwickelt. Ausbleibende Lieferungen von Rohstoffen und die vermehrte Abhängigkeit von ausländischen Zulieferern haben in den vergangenen Monaten in vielen Bereichen für Umsatzeinbrüche, bis hin zu Produktionsstillständen geführt, die einen gewissen Lernprozess eingeläutet haben. Um für weitere Engpässe in Zukunft besser gerüstet zu sein, werden sicherlich viele Unternehmen für lokale „Puffer“ sorgen, anstatt unverändert auf einen ständig verfügbaren, globalen Warenstrom zu vertrauen.
Welche Trends und Entwicklungen werden das Jahr 2022 prägen ?
Neben der digitalen Entwicklung spielen, neue umweltverträgliche Verfahren in der Transportbranche und in der Kontraktlogistik eine große Rolle. Ohne eine „grüne Logistik“ wird es mittel- bis langfristig keine wirklichen Entwicklungsmöglichkeiten in der Logistik geben. Des weiteren sind die bereits angesprochenen Themen Fahrer- und Fachkräftemangel ein anhaltender Trend, dem wir mit effektiven Employer-Branding Kampagnen begegnen. Der Mangel an Fahrern und Transportkapazitäten ist mittlerweile ein gesamteuropäisches Thema geworden und wir können davon ausgehen, dass sich, beispielsweise in puncto Rahmenbedingungen für die Fahrer, auch politisch etwas bewegen wird. Das Thema „letzte Meile“ und den immer brisanter werdenden innerstädtischen Lieferverkehren müssen mit smarten Konzepten, wie bspw. städtischen Lagerkonzepten und alternativen Zustellmethoden entzerrt werden. Die digitale Transformation wird darüber hinaus dafür sorgen, dass wir,(für die Logistik), neue Berufsbilder, wie bspw. Daten-Analysten und KI-Verfahrenstechniker sehen werden.
Welcher Trend ist für Sie am wichtigsten und warum?
Im Zuge unseres 90. Geburtstages im vergangenen Jahr haben wir mit „Eco2way 2025 ein Fünf-Jahre-Maßnahmenpaket initiiert, den wir auch in Form eines Nachhaltigkeitsberichtes festgehalten haben. Darin haben wir uns verpflichtet, schrittweise den CO2-Fußabdruck im Transportbereich schrittweise bis 2025 um 10 Prozent zu reduzieren. Im Bereich Immobilien und Facilities ist es sogar eine Reduzierung um 30%. Wo es möglich ist, setzen wir bereits auf alternative Lkw-Antriebe wie Elektro oder LNG. Zudem setzten wir auf ein effizientes Supply Chain Management, um lange Stillstandszeiten und Leerfahrten zu vermeiden. Insofern sind neue, umweltverträgliche Verfahren der wichtigste Trend und gleichzeitig auch die größte Herausforderung, der wir uns stellen müssen, um den Klimawandel zu stoppen.
Welche Herausforderungen stellen diese Trends und Entwicklungen für Unternehmen dar? Wie können Unternehmen diese gut meistern?
Wir müssen intensiv über umweltverträglichere Verfahren und neue Organisationsmodelle nachdenken und diese im Unternehmen implementieren. Darin besteht die größte Herausforderung des kommenden Jahrzehnts. In der Kontraktlogistik ist eine Lagerautomatisierung und die Steigerung der Energieeffizienz gleichbedeutend mit einer Verringerung der Umweltbelastung. Das gleiche gilt auch für die Transportbranche. Mithilfe von geschulten Fachkräften, Intelligenten IT-Tools und einen hochmodernen Fuhrpark kann es uns gelingen, die Belastungen für die Umwelt so gering wie möglich zu halten.