Der serbische Fahrer Savo Borak schildert gegenüber trans.iNFO, er sei Anfang 2025 von der Bothe-Schnitzius GmbH & Co. Handels- und Transport KG nach Deutschland geholt worden – offiziell mit einem Visum als „Hilfsarbeiter“, tatsächlich jedoch als LKW-Fahrer eingesetzt worden. Nach seiner Ankunft habe er einen zweiten Arbeitsvertrag unterschreiben müssen – unter schlechteren Bedingungen und mit einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 Euro bei Kündigung innerhalb der ersten zwei Jahre.
Borak berichtet von unvollständiger Bezahlung: Vergütet worden seien nur Lenkzeiten sowie pauschal zwei Stunden pro Auftrag. Warte- und Ladezeiten seien hingegen nicht abgedeckt worden. Zuschläge für Nacht-, Feiertags- oder Wochenendarbeit habe er nicht erhalten. In mindestens einem Monat sei sein Einkommen nach eigenen Angaben unter den gesetzlichen Mindestlohn gefallen.
Weitere Fahrer bestätigen laut Borak ähnliche Erfahrungen. Ein Kollege befinde sich demnach noch immer in Beschäftigung unter vergleichbaren Bedingungen.
Behördliche Verfahren eingeleitet
Borak hat nach eigenen Angaben mehrere Stellen über seinen Fall informiert. Beim Hauptzollamt Braunschweig sei unter dem Aktenzeichen „SV 3100 – VG-90147/25“ ein Verfahren anhängig. Auch das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig bestätigte den Eingang einer Beschwerde und die laufende Bearbeitung.
Zusätzlich wandte sich Borak an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), die Bundesagentur für Arbeit, die Beratungsstelle „mira – Mit Recht bei der Arbeit“ sowie an die Europäische Arbeitsbehörde (ELA). Letztere verwies ihn zurück an die nationalen Stellen.
Am 19. August 2025 reichte Borak nach eigenen Angaben Klage vor dem Arbeitsgericht Braunschweig gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber ein.
Unternehmen weist Vorwürfe zurück
Die Bothe-Schnitzius GmbH & Co. KG weist sämtliche Anschuldigungen zurück. In einer Stellungnahme an trans.iNFO erklärte Unternehmensvertreter Max-Christian Mull:
„Sämtliche Arbeitsverträge werden inhaltlich korrekt abgeschlossen und den Beschäftigten nach Unterzeichnung vollständig ausgehändigt. Wir beschäftigen nur Fahrpersonal, das über die nötigen Vorkenntnisse und Zertifikate nach EU-Vorgaben verfügt. Damit können wir eine faire und vertragsgerechte Bezahlung sicherstellen. Gesetzlich vorgeschriebene Zuschläge zahlen wir selbstverständlich ebenfalls.“
Weitere Auskünfte wolle das Unternehmen derzeit nicht geben.
Beratungsstellen sehen Muster
Nach Einschätzung der Beratungsstelle „mira“ ist der Fall kein Einzelfall. Immer wieder berichten Fahrer aus Drittstaaten, insbesondere vom Westbalkan, über problematische Arbeitsverhältnisse in der Transportbranche. Dabei gehe es häufig um undurchsichtige Vertragslagen, Druck bei der Unterzeichnung, fehlende Zuschläge und starke Abhängigkeiten vom Arbeitgeber.
Borak betont, sein Gang an die Öffentlichkeit diene nicht persönlichen Zielen, sondern dem Anliegen, auf strukturelle Probleme aufmerksam zu machen:
„Viele Fahrer vom Balkan leiden unter den gleichen Bedingungen, aber aus Angst oder Unwissenheit schweigen sie.“
Hinweis der Redaktion: Die Vorwürfe sind bislang nicht gerichtlich geklärt. Es gilt die Unschuldsvermutung.