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Zollkrieg drückt Frachtraten auf den niedrigsten Stand seit der Pandemie

Lesezeit 4 Min.

Reedereien streichen derzeit mehr Abfahrten zwischen China und den USA als zu irgendeinem Zeitpunkt seit der Corona-Pandemie. Das geht aus aktuellen Daten der Analyseplattform project44 hervor, über die das Handelsblatt berichtet.

Demnach sind im Oktober 67 Leerfahrten auf der Route von China in die USA und 71 Leerfahrten in Gegenrichtung geplant – mehr als während der Pandemiejahre. Laut project44 deutet das auf eine deutliche Verknappung der transpazifischen Transportkapazitäten hin.

Parallel dazu sind die Frachtraten auf den niedrigsten Stand seit 2020 gefallen. Die Reedereien kämpfen damit, ihre Rentabilität angesichts rückläufiger Handelsströme zwischen den beiden Wirtschaftsmächten zu sichern.

Handelskonflikt zwischen Washington und Peking belastet

Hintergrund ist der erneut eskalierende Zollstreit zwischen den USA und China. Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Strafzölle auf chinesische Importe auf 145 Prozent anzuheben, hatte Peking mit 125 Prozent Gegenzöllen beantwortet. Das Handelsvolumen auf beiden Seiten ist daraufhin deutlich eingebrochen.

Zwar einigten sich beide Regierungen inzwischen auf eine vorübergehende Zollpause, doch die Importe aus China bleiben schwach. Laut Handelsblatt liegt das vor allem an der geringen Nachfrage in den USA.

Daten von project44 zeigen: Die US-Importe aus China sind fünf Monate in Folge rückläufig, die Exporte nach China bereits neun Monate. Im Jahresvergleich sanken die US-Importe um 27 Prozent, die Exporte nach China sogar um 42 Prozent.

Mehr Leerfahrten auf allen wichtigen US-Routen

Der Rückgang betrifft nicht nur die transpazifische Route, sondern auch andere wichtige Handelsverbindungen. project44 verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr deutliche Zuwächse bei den Leerfahrten:

  • +75 % auf der Route US-Westküste – Südostasien
  • +46,5 % auf der Linie China – US-Westküste
  • +40,7 % auf Südostasien – US-Westküste
  • +31,6 % auf US-Westküste – Europa
  • +28,7 % auf Südostasien – US-Ostküste
  • +26,5 % auf US-Westküste – China

Zudem verschieben sich erste Importvolumina von China in Richtung Indonesien und Thailand, was auf eine Neuausrichtung der Beschaffungsketten hinweist.

Frachtraten unter Druck – Spotpreise halbiert

Analysten gehen davon aus, dass die Reedereien mit den Streichungen versuchen, die Frachtraten zu stabilisieren – bislang ohne Erfolg.

Der Shanghai Containerized Freight Index (SCFI) liegt aktuell bei 1.114 US-Dollar pro Container und damit rund 50 Prozent unter dem Niveau von Juni.

Laut Schätzungen der Investmentbank Jefferies sind die Spotraten damit erstmals seit Ende 2023 unter die Gewinnschwelle gefallen – ein Warnsignal mit Blick auf die anstehende Vertragssaison.

Hapag-Lloyd: Nur eine Leerfahrt während der Goldenen Woche

Deutschlands größter Containerreeder Hapag-Lloyd teilte auf Anfrage mit, dass man während der chinesischen „Goldenen Woche“ lediglich eine Leerfahrt zwischen Asien und der US-Westküste plane, um den saisonalen Nachfragerückgang auszugleichen.

Ein Unternehmenssprecher erklärte, dass die Abfahrten derzeit „vollständig ausgebucht“ seien – sowohl in dieser als auch in den kommenden zwei Wochen.

Hapag-Lloyd, weltweit die Nummer fünf der Branche, verzeichnete im ersten Halbjahr 2025 einen Umsatzrückgang von 11 Prozent; die operative Marge sank von 9 auf 6 Prozent.

Experten erwarten keine schnelle Erholung

Laut der Beratungsfirma Better Supply Chains „stornieren Reedereien derzeit in einem Umfang, wie wir ihn seit der Frühphase der Pandemie nicht mehr gesehen haben“.

Bart De Muynck, Head Thinker des Unternehmens, ordnet die Entwicklung jedoch weniger als Krisenreaktion ein, sondern als Versuch, die Raten in einem zollverzerrten Markt zu stabilisieren.

Auch das Analysehaus Linerlytica rechnet nicht mit einer baldigen Erholung: Nach dem Ende der Goldenen Woche am 15. Oktober dürfte es schwer werden, die Preise wieder spürbar zu erhöhen.

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