Frachtzahlen steigen – trotz wirtschaftlicher Flaute
Die deutsche Wirtschaft steckt weiterhin in einer leichten Rezession (BIP Q1/2025: –0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Dennoch melden Transportplattformen wie Trans.eu einen deutlichen Anstieg der Frachtangebote aus Deutschland – insbesondere in Richtung Frankreich, Niederlande und Polen. Laut dem Polnischen Institut für Straßentransport (PITD), das im Bericht „Transport in Europa – Trends, Daten, Analysen 2/2025“ zitiert wird, ergibt sich daraus ein überraschend positives Bild für den deutschen Straßengüterverkehr.
Die stärksten Zuwächse gab es auf der Strecke Deutschland–Polen, mit einem Plus von 35 Prozent im März und weiteren 11 Prozent im April. Auch auf den Routen nach Frankreich (+12 % im April) und in die Niederlande (+15 %) wurden mehr Frachten angeboten. Umgekehrt stiegen auch die Angebote nach Deutschland deutlich – vor allem aus Frankreich (+56 % im März) und den Niederlanden (+86 %).
Fahrermangel und steigende Kosten als zentrale Bremsfaktoren
Trotz dieser Belebung bleibt die Lage angespannt: Die Zahl der aktiven Transportunternehmen nimmt ab, viele Spediteure ziehen sich aus dem deutschen Markt zurück – oft, weil sich das Geschäft nicht mehr rechnet. Der anhaltende Fahrermangel, hohe Betriebskosten und ein massiver Wettbewerbsdruck verschärfen die Situation zusätzlich. In Deutschland hat rund jeder dritte LKW-Fahrer keinen deutschen Pass, fast die Hälfte der LKW auf deutschen Straßen ist im Ausland registriert.
Hinzu kommt Konkurrenz aus Osteuropa: Transportunternehmen aus Rumänien, Tschechien und Litauen bieten deutlich günstigere Dienstleistungen – ihre Arbeitskosten liegen bis zu 50 Prozent unter denen in Polen, was wiederum deutsche und polnische Anbieter vom Markt verdrängt.
Transportpreise ziehen kräftig an
Wo Kapazitäten knapp sind, steigen die Preise – und das spürbar. Im April 2025 stiegen die durchschnittlichen Frachtpreise etwa
- von Deutschland nach Dänemark um 36 Prozent,
- von Deutschland nach Italien um 11,8 Prozent,
- und auf weiteren Strecken wie nach Frankreich und in die Niederlande um 6 bis 8 Prozent.
Bemerkenswert: Die Preisanstiege in Richtung Deutschland waren geringer als die ab Deutschland – ein Hinweis auf die anhaltend hohe Exportnachfrage.
Digitalisierung bleibt Deutschlands Achillesferse
Ein strukturelles Problem bremst zusätzlich: Die schleppende Digitalisierung in Deutschland. Im internationalen Vergleich liegt die Bundesrepublik beim Ausbau digitaler Infrastrukturen (ICT) auf Platz 41 weltweit. Auch E-Government-Angebote gehören laut EU zu den am wenigsten entwickelten. Der Logistiksektor leidet unter veralteten Prozessen, die Effizienz und Reaktionsfähigkeit einschränken.
Dabei wäre der Bedarf an digitalen Lösungen enorm: Automatisierung, KI-gestützte Disposition und lernende Systeme könnten die Personalengpässe mildern und die Rentabilität steigern. Laut McKinsey ließen sich durch digitale Transformation bis zu 1,3 Prozent des BIP sichern.
Rückkehr auf den deutschen Markt? Nur mit Bedacht
Fachleute warnen vor voreiligen Schlüssen: Der Anstieg von Frachtangeboten ist kein verlässlicher Indikator für ein nachhaltiges Comeback der deutschen Wirtschaft. Vielmehr handelt es sich wohl um eine Reaktion auf das knappe Angebot an Kapazitäten. Der Spotmarkt dient dabei oft als „letzte Rettung“ für Auftraggeber.
Für Transportunternehmen, die sich während der Krise aus dem deutschen Markt zurückgezogen haben, könnte die aktuelle Lage eine Rückkehr ermöglichen – aber nur mit selektiver Strategie. Entscheidend sind Rentabilität, technologische Anpassungsfähigkeit und stabile Partnerschaften. Denn: Die strukturellen Probleme sind nicht gelöst.
Fazit des Marktberichts 2025:
- Mehr Frachten ≠ wirtschaftlicher Aufschwung – Die Angebotszahlen steigen, die Konjunktur bleibt schwach.
- Transportkapazitäten fehlen – Der Fahrermangel ist gravierend, viele Flotten schrumpfen.
- Transportunternehmen weichen aus – Die Plattformaktivität geht trotz hoher Nachfrage zurück.
- Preise explodieren – Frachtraten steigen, besonders ab Deutschland.
- Digitalisierung hinkt hinterher – Deutschland verliert im Technologiewettlauf an Boden.
- Markteintritt mit Augenmaß – Für den Wiedereinstieg braucht es Kalkulation, Fokus und Digitalisierung.
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