Die Entscheidung wurde am 7. Oktober 2025 in der Plenarsitzung des Parlaments verabschiedet und ändert die Richtlinie 1999/62/EG (besser bekannt als Eurovignetten-Richtlinie). Die bisherige Regelung wäre Ende dieses Jahres ausgelaufen. Das Parlament stimmte dem Vorschlag in erster Lesung im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens zu.
Ziel: Kostennachteil emissionsfreier Fahrzeuge verringern
Die überarbeitete Richtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten, auch künftig reduzierte Mautsätze oder vollständige Befreiungen für emissionsfreie schwere Nutzfahrzeuge anzuwenden.
Diese Anreize sollen die Kostenlücke zwischen batterieelektrischen bzw. wasserstoffbetriebenen Lkw und Dieselmodellen schließen – Letztere sind zwar günstiger in der Anschaffung, aber teurer im laufenden Betrieb.
Nach EU-Recht bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – eine Verpflichtung besteht nicht.
Die Europäische Kommission hatte die Verlängerung im Juli 2025 vorgeschlagen. Begründung: Eine längere Förderphase sei notwendig, um die Dekarbonisierung der Flotten zu unterstützen und mit den CO2-Reduktionszielen der Hersteller bis 2030 in Einklang zu bringen.
Nächster Schritt: Zustimmung des Rates
Bevor die Regelung in Kraft treten kann, muss noch der Rat der Europäischen Union zustimmen. Dieser hatte bereits im September seine Unterstützung signalisiert.
Nach der formellen Annahme und Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union können die Mitgliedstaaten die überarbeiteten Bestimmungen in nationales Recht umsetzen – die Mautbefreiung gilt dann bis 30. Juni 2031.
Die Verlängerung synchronisiert die Anreizperiode mit den CO2-Vorgaben für Nutzfahrzeughersteller gemäß Verordnung (EU) 2019/1242.
Dem verabschiedeten Text zufolge soll die Maßnahme „die richtigen Rahmenbedingungen für eine breite Einführung emissionsfreier Fahrzeuge schaffen“ und sowohl Spediteuren als auch Herstellern mehr Investitionssicherheit bieten.
Da das System freiwillig ist, wird die Umsetzung jedoch von Land zu Land unterschiedlich ausfallen. Bislang gewähren nur wenige Staaten – etwa Deutschland und Österreich – vollständige oder teilweise Befreiungen. In vielen anderen Ländern existieren bislang keine spezifischen Regelungen.
Branche begrüßt Entscheidung, fordert aber schnellere Umsetzung
Die Transport- und Automobilbranche reagierte überwiegend positiv und sieht die Entscheidung als wichtigen, wenn auch unvollständigen Schritt in Richtung klimaneutraler Straßengüterverkehr.
Der europäische Automobilverband ACEA bezeichnete die Abstimmung als „wichtigen Fortschritt“ auf dem Weg zu emissionsfreiem Transport.
Eine vollständige Mautbefreiung sei „eine der wirksamsten und gezieltesten Maßnahmen, um die Kostenlücke zwischen emissionsfreien und konventionellen Lkw zu schließen“, so der Verband. Allerdings bleibe die Umsetzung innerhalb der EU „uneinheitlich“.
In Deutschland sprach der Verband der Automobilindustrie (VDA) von einem „zentralen Signal“, um den Hochlauf von Null-Emissions-Lkw zu beschleunigen.
„Als VDA begrüßen wir, dass das Europaparlament den Weg für eine Verlängerung der Mautbefreiung für emissionsfreie Lkw über das Jahresende hinaus frei macht. Damit wird eine zentrale Stellschraube für den Markthochlauf emissionsfreier Lkw und der E-Mobilität in Europa geschaffen“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. „Eine solche Verlängerung schafft die notwendige Sicherheit, um höhere Anschaffungskosten von E-Lkw über Einsparungen im Betrieb ausgleichen zu können. Für die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie bedeutet das in erster Linie Investitionssicherheit.“
Müller forderte EU und nationale Regierungen zugleich zum schnellen Handeln auf:
„Brüssel ist jetzt gefordert, die Gesetzgebung entsprechend zeitnah abzuschließen, und auch in Berlin braucht es eine entschlossene Umsetzung in nationales Recht.“
Ein echter Durchbruch, so Müller weiter, erfordere jedoch mehr als nur Mauterleichterungen:
„Für den Durchbruch emissionsfreier Lkw braucht es nicht nur Anreize auf der Kostenseite, sondern vor allem auch einen schnellen und flächendeckenden Ausbau von Lade- und H2-Tankinfrastruktur sowie eine leistungsfähige Stromnetzinfrastruktur in ganz Europa“